Als Gloria in „Modern Family“ sammelte Sofia Vergara Sympathiepunkte, als Kaiserin eines Drogenreiches in der Netflix-Serie „Griselda“ macht sie nun ein neues Kapitel auf. Unter der heißen Sonne Miamis, mit einer Zigarette in der Hand und Kokain im Überfluss schlägt Vergara als Griselda nämlich einen gänzlich anderen Ton an. „Griselda“ ist seit 25. Jänner auf Netflix zu sehen.

von Lena Wasserburger

Mit „Narcos“ und „Narcos: Mexico“ hat das Produzenten-Duo Eric Newman und Andrés Baiz schon bewiesen, dass ihm das Gangster-Genre liegt. Warum also nicht einen neuen Anlauf wagen und Fans und jene, die es noch werden könnten, mit all dem füttern, was Narcos zum Erfolg führte: Drogen, Blut und Nervenkitzel. Es hilft natürlich, wenn es, wie bei Narcos auch, eine reale Vorlage gibt, an der man sich orientieren kann. Die echte Griselda Blanco legte eine kriminelle Bilderbuchkarriere hin und zeigte bereits zu Beginn, dass sie vor Brutalität und Gewalt nicht zurückschreckt, um ihre Ziele zu erreichen. Über ihren Ehemann stieg sie ins Drogenbusiness ein, im Streit erschoss sie denselben schließlich. In den 70er Jahren wurde aus Griselda Blanco schließlich die „Godmother of Cocaine“. Sie regierte Miami mit Erbarmungslosigkeit und ohne Skrupel – und hinterließ zahlreiche Leichen auf ihrem Pfad.

Die Netflix-Griselda macht es hier nicht anders, wenn auch nur so allmählich klar wird, mit was für einem Charakter man es zu tun hat. Eine Mutter, die vor dem gewalttätigen Ehemann flieht und für sich und ihre Kinder ein neues Leben in den USA aufbauen will? Zunächst ein fast nobler Plan, doch nach und nach enthüllt „Griselda“ das wahre Gesicht der Protagonistin. Die hat nämlich große Pläne und wer ihr im Weg steht, nun, der wird beseitigt. Einigen Quellen zufolge musste Sofia Vergara ein wenig Überzeugungsarbeit leisten, um die Rolle zu bekommen, war ihr Image doch von Familienfreundlichkeit und harmlosem Humor geprägt. Dramatik und Ernsthaftigkeit stehen Vergara allerdings noch besser als erwartet, die charmante, witzige „Gloria“ ist hier nicht widerzuerkennen, ganz besonders, wenn Vergara auf Spanisch spielen kann.

Dasselbe gilt für den Großteil der Serie, die durchgehend zwischen Spanisch und Englisch wechselt. Was auf Englisch vielleicht ein wenig hölzern und unbeholfen wirkt, das trifft auf Spanisch genau ins Schwarze. Doch, wer weiß, vielleicht war ebendies genau so beabsichtigt. Es würde jedenfalls narrativ Sinn ergeben, immerhin ist Griselda in den USA in einer neuen fremden Welt gelandet, in der sie erst den richtigen Ton treffen muss, um voranzukommen.

Den Ton der 70er Jahre hat man hier jedenfalls getroffen. Der visuelle Stil der Serie sticht hervor, sei es durch die Farbauswahl, Beleuchtung oder Production Design, die zusammen ein so stimmiges Ganzes ergeben, dass man, Handlung einmal beiseitegelassen, gerne in diese Welt eintauchen würde. Die Narcos-Handschrift lässt sich jedenfalls auch hier wiedererkennen. „Griselda“ ist in ihrem Stil sehr stimmig und klar, einzig und allein die Musikauswahl durchbricht diese Einheit ab und zu und wechselt zwischen 70er-Jahre Best-of-Listen und dramatischer orchestraler Musik.

Auch wenn die Geschichte in diesem Genre ein altbekannter Klassiker ist – der Aufstieg des Underdogs, das Imperium und der Sturz, das sind wohl Bestandteile der meisten Filme und Serien, die sich um Drogenkartelle drehen – schaffen es Newman und Baiz, Spannung zu erzeugen, auch wenn die Wendungen an sich nicht so überraschend sind. Die Inszenierung ist aber effektiv, ob es nun unerwartete oder erwartete Twists sind. Die ersten Episoden hinterlassen jedenfalls genug Eindruck, um Lust auf den Rest der Staffel zu machen. Und auf ein wenig mehr Sofia Vergara in dramatischen Rollen.

Fazit

Wer sich nicht an einer Menge Untertiteln stört, das Spanisch-Handbuch griffbereit hat oder ohnehin Muttersprachler ist, der wird sich durch „Griselda“ mit viel Sicherheit unterhalten fühlen. Schöne Bilder, eine Sofia Vergara, der die Unbarmherzigkeit überraschend gut steht und brutale Action sind jedenfalls eine passende Kombination.

Bewertung

Bewertung: 8 von 10.

(77/100)

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Bilder: (c) Netflix